Joseph Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff

         

Deutscher Schriftsteller; der Sohn eines preußischen Offiziers wurde zunächst - wie auch sein älterer Bruder Wilhelm und wie in den Kreisen sEichendorff, In einem kühlen Grundeeinerzeit üblich - privat unterrichtet, bevor beide im Oktober 1801 in Breslau auf das katholische Matthias-Gymnasium kamen. 1805 begann Eichendorff in Halle (Saale) ein Jurastudium, ging 1807 nach Heidelberg, wo er Joseph v. Görres und 1809 nach Berlin, wo er u.a. Achim v. Arnim und Clemens Brentano kennenlernte und schließlich nach Wien, wo er sein Studium 1812 beendete. Dort schloß er sich besonders Friedrich Schlegel an, der dort im diplomatischen Dienst der österreichischen Regierung stand. Von 1813 bis 1815 nahm er an den Befreiungskriegen gegen Napoléon teil und kehrte 1815 nach Breslau zurück, wo er im April desselben Jahres die vier Jahre jüngere Luise von Larisch (*1792, †1855) heiratete und noch im diesem Jahr ihr erstes Kind, ein Sohn, geboren wurde. Im Folgejahr trat Eichendorff in Breslau in den preußischen Staatsdienst als Referendar ein. Als sein Vater 1818 starb, fand ein Zwangsverkauf des überwiegenden Teils des überschuldeten Familienbesitzes, auf dem er eine glückliche Kindheit verbracht hatte, statt und beraubte ihn seiner Existenzgrundlage; lediglich Schloß Lubowitz und das Gut Sedlnitz blieben im Familienbesitz. Lange trauerte Eichendorff dem Verlust nach:

Aus der Heimat hinter den Blitzen rot
Da kommen die Wolken her,
Aber Vater und Mutter sind lange tot,
Es kennt mich dort keiner mehr.

1821 wurde er katholischer Kirchen- und Schulrat in Danzig und 1824 Oberpräsidialrat in Königsberg. Von 1831 bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1844 war er im Kultusministerium in Berlin tätig. Nach verschiedenen Aufenthalten in Wien, bei denen er die Bekanntschaft Franz Grillparzers und Adalbert Stifters machte, lebte er seit 1855 in Neisse.

Eichendorffs Gedichte, die erst 1837 als Sammlung erschienen, bilden - neben denen Brentanos - den Höhepunkt deutscher spätromantischer Lyrik. Wegen ihres volksliedhaften Charakters wurden viele seiner Gedichte vertont, u.a. von Felix Mendelssohn Bartholdy, Robert Schumann, Hugo Wolf. Viele der Gedichte erschienen zunächst als Romane und Erzählungen und behandeln häufig dieselben Motive und Stimmungen in lyrisch-offener Darstellung. Viele seiner Gedichte – teils eingestreut in Prosatexte – wurden vertont so populär, daß sie zu Volksliedern wurden oder haben Eingang in den deutschen Zitatenschatz gefunden: Abschied (O Täler weit, o Höhen), Zwielicht, Der frohe Wandersmann (Wem Gott will rechte Gunst erweisen...). Letztes hat Friedrich Fröbel später vertont.

Werke u.a.: Krieg den Philistern, 1824), Aus dem Leben eines Taugenichts (1826), Die Freier (1833), Der letzte Held von Marienburg (1830), Julian (1853), Robert und Guiscard (1855).

       Mondnacht

        Es war, als hätt der Himmel
        Die Erde still geküßt,
        Daß sie im Blütenschimmer
        Von ihm nun träumen müßt.

        Die Luft ging durch die Felder,
        Die Ähren wogten sacht,
        Es rauschten leis die Wälder,
        So sternklar war die Nacht.

        Und meine Seele spannte
        Weit ihre Flügel aus,
        Flog durch die stillen Lande,
        Als flöge sie nach Haus.

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Théophile Gautier

                            ~1856

Französischer Dichter und Kunstkritiker; studierte in Paris, war anfangs Maler, wandte sich jedoch dann der literarischen Romantik zu, deren Geschichte er später darstellte (Histoire du romantisme, posthum 1872). Seit den 1830er Jahren schrieb er unter dem Motto l’art pour l’art Dichtungen in sich selbstgenügender strenger Form (Albertus, 1832). Der Künstler solle sich allein auf die Vervollkommnung der Sprache konzentrieren, frei von Konventionen. Diese Forderung wurde zu einem Leitsatz der Dichterschule der Parnassiens, die mit ihm als Wortführer nach der Romantik zur einflußreichsten Bewegung innerhalb der französischen Literatur avancierte. Seine hedonistische Lebensphilosophie fand einen starken Widerhall bei einem der bedeutendsten Vertreter dieser Richtung, Charles Baudelaire. Als Prosaautor wurde Gautier hauptsächlich mit Mademoiselle de Maupin (1835) und phantastischer Literatur bekannt, darunter die Erzählungen La morte amoureuse (1836) und Une nuit de Cléopatre. Einen fulminanten Erfolg konnte er mit dem Libretto zu dem BallettstückGiselle nach der Musik von Adolphe Adam feiern, das 1841 an der Pariser Oper mit Carlotta Grisi in der Titelrolle uraufgeführt wurde. Er war sehr in Carlotta verliebt; als sie ihn aber abwies, heiratete er ihre Schwester Ernestina.

Werke u.a.: Les Jeune-France (1833), L’Eldorado (1837, dt. Das Eldorado), Le roman de la momie (1858, dt. Der Roman der Mumie), Le capitaine Fracasse (1861-63, dt. Kapitän Fracasse), Poésies complètes (1845).

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Bilder: Kurt Feige (04/2007)
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Jean Nicolas Arthur Rimbaud

                                                                    

Französischer Dichter; wuchs in bigottem Provinzmilieu auf, das er früh verließ, indem er in die Pariser Bohème ging und dort eine seinerzeit skandalöse Liaison mit Paul Verlaine einging. Zum Bruch kam es 1873, als Verlaine ihn schwer verletzte, als dieser versuchte ihn zu töten. Obwohl eine der faszinierendsten und vielversprechendsten Figuren der literarischen Moderne, gab er die Schriftstellerei, die er mit fünfzehn Jahren begonnen hatte, bereits nach vier Jahren auf, reiste ruhelos durch England, Deutschland, Italien, Java, Skandinavien und Zypern, arbeitete u.a. als Sprachlehrer und Aufseher in einem Steinbruch, verdingte sich als Söldner und schmuggelte Waffen. Nach Expeditionen nach Samoa und Somalia kehrte er 1891 schwerkrank nach Marseille zurück, wo er an einer Tumorerkrankung starb.

Als Vorläufer des späten Symbolismus des 19. Jahrhunderts und, selbst beeinflußt von Charles Baudelaire, beeinflußte er seinerseits sowohl den Expressionismus als auch den Surrealismus und gehört zu den zentralen Gestalten der literarischen Moderne.

Werke u.a.: Le Bateau ivre (1871, dt. Das trunkene Schiff), Une Saison en enfer (1873, dt. Eine Zeit in der Hölle), Les Illuminations (1886, dt. Illuminationen).

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Neissse-Nysa (Polen), Jerusalemer Friedhof

Charleville-Mézières, Cimetière

Johanna Schopenhauer

Deutsche Schriftstellerin; Mutter von Arthur und Adele Schopenhauer, zog nach dem Tode ihres Mannes, eines Danziger Bankiers, von Hamburg nach Weimar, wo sie nach 1806 Mittelpunkt eines literarischen Salons, in dem Goethe und andere Celibritäten der damaligen Zeit verkehrten, schrieb Romane, Novellen und Reisebeschreibungen.

Werke u.a.: An Rhein und Maas, Ausflug an den Niederrhein und nach Belgien im Jahre 1838, Ihr glücklichen Augen.

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Paris, Cimetière du Montmartre

Nikolaj Alexejewitsch Ostrowskij [russ. Никола́й Алексе́евич Остро́вский]

                                          

Russischer Schriftsteller; Arbeiterkind, konnte “по причине незаурядных способностей” (wegen besonderer Fähigkeiten) die konfessionelle Schule schon mit neun Jahren verlassen und die Universität mit einem Stipendium besuchen. 1914. zogen seine Eltern mit ihn nach Schepetiwka, einer Stadt in der heutigen westlichen Ukraine. Dort arbeitete er in der Küche der Bahnhofskantine, in einem Holzkontor, als Feuerwehrmann und als Elektriker in einem Elektrizitätswerk. 1917 wurde er Mitglied der Bolschewiki. Während des Bürgerkrieges trat er 1919 dem Komsomol, dem Kommunistischen Jugendverband, bei. Im Bürgerkrieg, in dem er verwundet und in der Folge zunehmend gelähmt wurde, hatte er als Freiwilliger unter Kotowski in Budjonnys Reiterarmee in der Roten Armee gekämpft. Trotz seiner Verwundung blieb er aber weiterhin Organisator von Komsomol-Gruppen. Seit 1927 war Ostrowskij ans Bett gefesselt; seit 1928 blind, diktierte er in der Zeit zwischen 1932 und 1934 den autobiographischen Roman Как закалялась сталь (1932, dt. Wie der Stahl gehärtet wurde), dessen Held, ein Jungarbeiter nach der Revolution, zu einem Leitbild für die Sowjetjugend wurde.

 

Werke u.a.: Рождённые бурей (1936 unvollendet, dt. Der Sturmgeborene).

Auszeichnungen u.a.: Leninorden (1935)

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Bild: Hartmut Riehm (09/2006)

Jena, Alter Friedhof

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Sergej Alexandrowitsch Jessenin [russ. Сергей Александрович Есенин]

                            

Russischer Lyriker; Sohn eines Bauern; nach Beendigung der Schule in seiner Heimarstadt kam er 1912 nach Moskau, arbeitete zunächst in einer Buchhandlung und begann dann ein Studium der Geschichte an der philosophischen Fakultät der Moskauer Staatlichen Universität. Später kam er in Kontakt mit dem nach dem Dichter Iwan Surikow (*1841, †1880) benannten literarischen Kreis von autodidaktischen Schriftstellern und Dichter bäuerlicher Herkunft. 1918/19 schloß er sich den Imaginisten an; von der Revolution, die er als mystisches Ereignis begrüßt hatte, war er bald enttäuscht; seine späten Gedichte zeigen Schwermut und die Neigung zur Provokation. Er schöpfte in  mit Isadora Ducan 1923Thematik und farbiger Bildlichkeit aus russischer bürgerlicher Tradition und Volksfrömmigkeit, dem Leben auf dem Land.

Jessenin unternahm Reisen durch Europa, Amerika und Persien. Am 3.5.1921 (Scheidung 1923 nach schlechter Ehe) heiratete er die amerikanische Tänzerin und Tanzpädagogin Isadora Duncan, die ins junge revolutionäre Rußland gekommen war, um sich in den Dienst der Sowjetregierung zu stellen. In Moskau gründete sie eine Tanzschule für die Kinder des Volkes. Als man versuchte sie in die Agitation einzubinden, verließ sie das Land und ließ sich in Paris nieder (übrigens: Er sprach kein Wort englisch, sie kein Wort russisch). Er ging durch Selbsttötung im Hotel Astoria in den Tod. In einem seiner letzten Gedicht schrieb er:

   Und irgendeine Frau
   von vierzig und mehr
   nannte er Liebste
   und sein ungezogenes Mädchen.

Werke u.a.: Liebstes Land, das Herz träumt leise (Gedichtband, 1922 ff.).

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Bild: Martina Schulz

Moskau, Friedhof am Neujungfrauenkloster

Moskau, Wagankowskoje-Friedhof

Carl Mayer

 

Österreichischer Drehbuchautor; verlor im Alter von 16 Jahren seinen Vater, ein Börsenmakler, der sich aufgrund von Spekulationsverlusten in erheblichem Umfang das Leben nahm; schlug sich, um sich selbst und seine drei jüngeren Brüder durchzubringen, mittels einer Reihe von Gelegenheitsjobs darunter als Statist und Zeichner und später auch als Schauspieler an Provinzbühnen, durch. Als Dramaturg am kleinen Berliner Residenztheater lernte er 1919 den aus Podiebrad (Österreich-Ungarn, heute Tschechien) stammenden ehemaligen k.u.k Offizier und Dichter Hans Janowitz (*1890, †1954) kennen. Gemeinsam verfaßten sie das Drehbuch zu Das Cabinet des Dr. Caligari, das Robert Wiene mit Werner Krauß und Conrad Veidt in den Hauptrollen 1919 verfilmte. Nach einem zweiten expressionistischen Film, Genuine (1920), wandte sich Carl Mayer vom ”Caligarismus“ ab und widmete sich der Arbeit an Szenarien zu Kammerspielfilmen, naturalistischen Dramen im Kleinbürgermilieu. 1924 verfaßte Mayer das Drehbuch zu Der letzte Mann , das Friedrich Wilhelm Murnau, mit mit Emil Jannings in der Hauptrolle realisierte; der Film gilt als Meisterwerk des deutschen Stummfilms. Der Höhepunkt seiner langjährigen Zusammenarbeit mit Murnau wurde 1926 das noch in Deutschland fertiggestellte Drehbuch zu Sunrise – A Song of Two Humans (dt. Sonnenaufgang – Lied von zwei Menschen), das nach Hermann Sudermanns Erzählung Die Reise nach Tilsit entstand, und für den Murnau 1927 drei Oscars erhielt. Carl Mayer ging 1932 zunächst nach Frankreich, 1935 dann nach England, wo er sich auf Dauer niederließ..

Filme u.a.: Der Bucklige und die Tänzerin (1920), Der Dummkopf (1920), Danton (1921), Grausige Nächte (1921), Scherben (1921), Hintertreppe (1921), Vanina (1922), Erdgeist (1923), Die Straße (1923), Sylvester (1923), Tartüff (1925), Berlin – Die Sinfonie der Großstadt (1927), Vier Teufel (1928, 4 Devils) Ariane (1930), Der Mann, der den Mord beging (1931), Der träumende Mund (1932).

Inschrift: Pioneer in the Art of the Cinema. Erected by his Friends and Fellow Workers.

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Bild: Braveheart (06/2019) Wikipedia.prg
Bild: Braveheart (06/2019) Wikipedia.prg

London, Highgate Cemetery (Eastern Section)

Lothar Kusche

 

Deutscher Feuilletonist, Schriftsteller und Satiriker: bürgerlichen Verhältnissen entstammend, wuchs Kusche in Berlin auf, wo er nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges als Redakteur für verschiedene, in Ostberlin erscheinende satirische Zeitschriften tätig war; seine Texte erschienen u.a. in der Weltbühne und im Ulenspiegel unter dem Pseudonym “Felix Mante”l. Seine im Aufbau-Verlag und im Eulenspiegel-Verlag erschienenen Bücher erreichten eine Auflage von mehr als 2,5 Millionen Exemplaren; in der Bundesrepublik blieb er jedoch weitgehend unbekannt.

Kusche war zeitweise stellvertretender Chefredakteur der Weltbühne und Dramaturg am in der DDR bekannten Kabarett Die Distel. Er verfaßte auch humorvolle Reiseberichte über Sibirien “Kein Wodka für den Staatsanwalt“ und Großbritannien “Quer durch England in anderthalb Stunden”, sowie Drehbücher. In der 1971 von der DEFA produzierten Komödie Der Mann, der nach der Oma kam des Regisseurs Roland Oehme mit Winfried Glatzeder, Ilse Voigt und Rolf Herricht in den Hauptrollen, zu der er auch das Drehbuch auf der Basis seines gleichnamigen Romans geschrieben hatte, war er in einer Nebenrolle zu sehen, ebenso wie in der Episode Des Alleinseins müde aus der Kriminalserie Polizeiruf 110 mit Peter Borgelt.

Kusche, dessen Satiren sich vor allem an Kurt Tucholsky orientierten, war Ehrenmitglied in Bobrowskis Neuem Friedrichshagener Dichterkreis und Mitglied im PEN-Zentrum Deutschland.

Werke u.a.: Überall ist Zwergenland (1960), Käse und Löcher (1963), Eine Nacht mit sieben Frauen. Geschichten und Feuilletons (1964), Der Mann auf dem Kleiderschrank. Geschichten und andere Späße (1985), Nasen, die man nicht vergißt (mit Illustationen von Elizabeth Shaw, 1987), Der Feinfrostmensch und andere positive Helden (1994), Neue Patientenfibel. Für Patienten und solche, die es nicht werden wollen (1998), Ich bin tot, und das kam so … (2009).

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Bild: Angela M. Arnold, Berlin (01/2017), Wikipedia.de

 Berlin-Lichtenberg, Zentralfriedhof Friedrichsfelde

Schriftsteller XXVI

Omnibus salutem!