Friedrich Spee von Langenberg

Deutscher Dichter und katholischer Theologe (Jesuit); trat gegen den ausgesprochenen Willen des Vaters, eines hohen kurkölnischen adligen Beamten, - Spee sollte die Laufbahn eines Burgvogtes von Kaiserswerth einschlagen - 1610 im Alter von 19 Jahren als Novize in den Jesuitenorden in Trier ein. Als in Trier die Pest ausbrach, konnte Spee sein Noviziat dort nicht beenden, sondern wechselte nach Fulda, wo er zwei Jahre später das erste Gelübde ablegte und nach einer dreijährigen Zeit im Noviziat ein obligatorisches Studium der Philosophie in Würzburg begann. Als er nach Abschluß des Philosophiestudiums (1615) den Wunsch äußerte, als Missionar in Indien wirken zu dürfen, wurde dieses Ansinnen 1617 seitens des Ordens abschlägig beantwortet. Er studierte daraufhin in Mainz von 1619 bis 1623 Theologie und erhielt dort am 28.3.1623 im Mainzer Dom die Priesterweihe. Anschließend wirkte Spee als Lehrer und Geistlicher: 1623 wurde er Professor für Philosophie an der Jesuiten-Universität von Paderborn und ebendort Domprediger. Das dritte Probejahr seiner ordensinternen Ausbildung, das sog. Terziat, verbrachte er in Speyer, dem Sitz des Reichskammergerichts, welches sich zu jener Zeit intensiv mit der Geißel der Hexenprozesse befasste. Um seine Sprachkenntnisse zu verbessern, - sein Ziel war eine bessere seelsorgerische Betreuung der im kaiserlichen Heer im Dienst stehenden italienischen Söldner - hätte er diese Ausbildungszeit gerne in Italien verbracht, aber auch dieser Wunsch wurde abschlägig beschieden. Ab 1626 wirkte er als Seelsorger im niederrheinischen Wesel und als Lehrer in Köln, 1629 wurde er Professor für Moraltheologie in Paderborn, danach in Köln. Im Herbst 1632 entsandte man ihn als Professor der Kasuistik und Beichtvater sowie als Examinator der Weihekandidaten nach Trier. Am 25. Februar erklärte der Ordensgeneral sein Einverständnis, S. in der Gesellschaft Jesu zu belassen. Nach zweijähriger Tätigkeit als Professor der Moraltheologie in Trier wurde ihm 1634/35 die Professur für Exegese der Heiligen Schrift übertragen. Hier in Trier erlebte er viele Hexenprozesse mit, was ihn aus tiefer Erschütterung heraus veranlaßte, 1631 anonym die Schrift Cautio criminalis, seu de processibus contra sagas liber (dt. Rechtliche Bedenken oder ein Buch über die Verfahren gegen Hexen) zu veröffentlichen, in der er die angewandte Grausamkeiten verurteilte. Diese Veröffentlichung trug dazu bei, daß Hexenprozesse allmählich abgeschafft wurden. Als die Urheberschaft aufgedeckt wurde, sah er sich allseits heftiger Kritik und Anfeindungen ausgesetzt. Spee starb in der Folge der Pflege von Pestkranken in Trier. Im 18. Jahrhundert in Vergessenheit geraten, wurden Spees geistliche Dichtungen von August Wilhelm Schlegel spee_cautiowiederentdeckt; sie übten v.a. auf die deutsche Romantik einen nachhaltigen Einfluß aus und sind noch heute bekannte Bestandteile christlichen Kirchenliedgutes (so z.B. Freu dich, du Himmelskönigin, O Heiland reiß die Himmel auf, Zu Bethlehem geboren).

 

Erstdruck von 1631

 

 

 

 

Werke u.a.: Trutz-Nachtigal. Oder, Geistliches poetisch Lustwaeldlein (posthum 1649), Andachts- und Erbauungsbuch (hrg. 1649).

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Boris Leonidowitsch Pasternak [russ. Борис Леонидович Пастернак]

1934 no_copyright              

Russischer Schriftsteller; der Sohn des Malers und Grafikers Leonid Ossipowitsch Pasternak (*1862, †1945) und der Pianistin Rose Kaufmann wuchs in bürgerlichen Verhältnissen auf. Beeinflußt durch den Komponisten Alexander Skrjabin, studierte er von 1904 bis 1910 zunächst Komposition, begann dann 1912 in Marburg bei den Neukantianer Hermann Cohen ein Philosophiestudium, wandte sich nach seiner Rückkehr nach Rußland jedoch der Literatur zu. Er gehörte zum Kreis um Majakowskij. Pasternak verarbeitete in seinem Werk immer die Ereignisse der Revolutionen von 1905 und von 1918. In der schwierigen Zeit der Sowjetunion unter Stalin, wurde er wie viele andere seiner Zeitgenossen verhaftet, kehrte aber wieder nach Peredelkino zurück. Sein bekanntestes Werk, Dr. Schiwago, das das Leben und die Liebe in den Wirren der Revolutionszeit und des Bürgerkrieges nachzeichnet, durfte in Rußland erst während der Perestroika 1988 veröffentlicht werden. Allerdings wurde ihm nach der von Giangiacomo Feltrinelli (*1926, †1972) 1957 erfolgten Erstveröffentlichung im Westen 1958 der Nobelpreis für Literatur zugesprochen, auf dessen Entgegennahme er auf Weisung der sowjetischen Regierung jedoch verzichten mußte; außerdem wurde er aus dem Schriftstellerverband ausgeschlossen und war bis zu seinem Tod in der UdSSR offiziell verfemt. Seine nunmehr internationale Popularität schützte ihn jedoch vor weiteren Inhaftierungen, wobei man ihn jedoch indirekt bedrängte, das Land zu verlassen. Als sich Mitglieder seiner Familie und Freunde mit der Bitte erfolgreich an Chruschtschow wandten, dem bereits kranken Dichters zu gestatten, in seinerBilder:Steffen Ottinger (10/2018) Heimat zu bleiben, stimmte dieser zu. Von 1935 an bis zu seinem Tode lebte er in der Schriftstellersiedlung Peredelkino, einem Vorort von Moskau.

Oben: Haus Pasternaks in Peredelkino; unten: In diesem Haus lebte und arbeitete Boris Leonidowitsch Pasternak von 1939 bis 1960.

In dieser Zeit, in der ihm jegliche eigene Veröffentlichung verboten war, übersetzte er Goethes Faust und Heinrich von Kleists Prinz von Homburg ins Russische, sondern übertrug auch die Lyrik Rilkes.

Sein Roman Dr. Schiwago wurde 1965 mit Omar Sharif (*1932, †2015), Julie Christie und Geraldine Chaplin in den Hauptrollen verfilmt.

Werke u.a.: Briefe aus Tula (1918), Meine Schwester, das Leben (1922), Über mich selbst (1959).

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Christian Morgenstern

1906               1910               

Deutscher Dichter; der Sohn des Landschaftsmalers Carl Ernst Morgenstern, Enkel des Malers Christian Morgenstern, reiste bereits als Kind mit seinen Eltern durch Europa (Schweiz, Elsaß, Norwegen), nach Abbruch einer Militär-Vorbildungsschule, auf die der Vater ihn mit der Absicht geschickt hatte, er würde einmal die Laufbahn eines Offiziers einschlagen, bereits nach kurzer Zeit, besuchte Morgenstern ein Gymnasium in Sora; anschließend studierte er Nationalökonomie an der Breslauer Universität u.a. bei Felix Dahn und Werner Sombart.. In dieser Zeit gründete er gemeinsam mit Freunden die kulturkritische Zeitschrift Deutscher Geist unter dem Motto “Der kommt oft am weitesten, der nicht weiß, wohin er geht“. 1874 verließ er Breslau und ließ sich in Berlin nieder und fand eine Anstellung an der Nationalgalerie. In Berlin verfaßte er nun regelmäßig Kulturberichte und Literaturkritiken für die Zeitschriften Neue Deutsche Rundschau und Der Kunstwart, später auch für die Kulturzeitschriften wie Jugend, Freie Bühne oder Die Gesellschaft, schrieb Kabarettexte u.a. für Max Reinhardts Überbrettl, Aphorismen und Kinderlieder und übersetzte Henrik Ibsen, August Strindberg und Knut Hamsun; Bekannt wurde er zwar durch seine witzig-grotesken Gedichte im Stil der englischen Nonsense-Literatur, er verfaßte aber auch ernste Gedankenlyrik, die beeinflußt von Friedrich Nietzsche, dem Buddhismus und der Anthroposophie Rudolf Steiners war, den er auf seinen zahlreichen in- und ausländischen Vortragsreisen begleitete. Morgenstern, der sich bei seiner Mutter mit Tuberkulose infiziert hatte, litt Zeit seines Lebens an dieser Krankheit, mußte immer wieder zu Kuraufenthalten und starb an den Folgen seiner Krankheit.

Verheiratet war er seit 1910 mit Margareta Gosebruch von Liechtenstern, die er zwei Jahre zuvor kennengelernt hatte.

Werke u.a.: Galgenlieder (1905, 1908), Palmström (1910), Der Gingganz (1919).

Die drei Spatzen
 In einem leeren Haselstrauch
da sitzen drei Spatzen, Bauch an Bauch.

 Der Erich rechts und links der Franz
und mitten drin der freche Hans.

Sie haben die Augen zu, ganz zu,
Und obendrüber da schneit es, hu!

 Sie rücken zusammen dicht an dicht.
 So warm wie der Hans hats niemand nicht.

 Sie hören alle drei ihrer Herzlein Gepoch
Und wenn sie nicht weg sind, so sitzen sie noch.

Möwenlied
Die Möwen sehen alle aus,
als ob sie Emma hießen.
Sie tragen einen weißen Flaus
und sind mit Schrot zu schießen.

Ich schieße keine Möwe tot,
Ich laß sie lieber leben –
und füttre sie mit Roggenbrot
und rötlichen Zibeben.

O Mensch, du wirst nie nebenbei
der Möwe Flug erreichen.
Wofern du Emma heißest, sei
zufrieden, ihr zu gleichen.

Ein beliebtes Zitat stammt aus Palmström:

Und er kommt zu dem Ergebnis:
“Nur ein Traum war das Erlebnis.
Weil”, so schließt er messerscharf,
“nicht sein kann, was nicht sein darf.”

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Eingang zur Gruft

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Trier, Jesuiten- (Dreifaltigkeits-) kirche

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 Peredelkino bei Moskau 

Sog. oculus (lat. Auge), durch das hindurch man auf den Steinsarg Spees schauen kann.

Aischylos  [altgriech. Αἰσχύλος]

Griechischer Dichter; der Sohn des Euphorion, aus altem Adel stammend, kämpfte in den Perserkriegen bei Marathon (490 v.Chr.) und Salamis (480 v.Chr.), reiste in den Jahren zwischen 471 und 469 auf Einladung des Hieron nach Syrakus auf Sizilien, wo seine Perser wiederaufgeführt worden sein sollen, und erneut 458 nach Gela, wo er 456 stirbt. Die Echtheit des folgenden Grabepigramms ist umstritten:

Aischylos liegt hier begraben, Euphorions Sohn, der Athener.
In der fruchtreichen Stadt Gela bezwang ihn der Tod.
Aber von seiner Kraft zeugt Marathons Hain, der berühmte,
Wo der Perser, der dichtlockige, sie hat erprobt.

Aischylos gilt als der eigentliche Schöpfer der Tragödie1 als literarischer Kunstform. Er führte einen 2. Schauspieler ein und technische Neuerungen bei der Aufführung.

Werke u.a.: Hepta, Hektiden, Orestie, Prometheus.

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1  Die den Gott Dionysos begleitenden Satyrn waren mit einer Maske und einem Bocksfell verkleidet und trugen den Gesang (τραγωδία-tragodia) der Böcke (τράγοι-tragoi) vor.

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Gela, Lage des Grabes unbekannt

Heinrich vom Meißen, gen. Frauenlob

 

Mittelhochdeutscher Lyriker; bürgerlicher Herkunft, bereiste als Fahrender viele Höfe im Norden und Osten des deutschen Sprachgebiets und war der Gründer der ersten Meistersingerschule in Mainz; er galt als einer der 12 alten Meister späthöfischer Lyrik; in seinen Tönen ist bis zum Ende der Meistersingergesellschaften gedichtet worden; Obwohl er Minnelieder und Leiche (Minne-, Kreuz-, Marienleich, Leiche = Form d. mhd. Lyrik) dichtete, die überliefert sind, liegt seine Bedeutung hauptsächlich in der Spruchdichtung. Hierin focht er einen Streit mit Regenbogen über die Bezeichnung ”frouwe” und ”wip” aus. Mit der Preisung der Ergabenheit und Überlegenheit der Frauen, gewann er ihre Verehrung.

Der Grabstein wurde 1774 von Handwerkern zerschlagen und erst 1783 wieder - vermutlich nicht ganz korrekt - erneuert. Im unteren Teil tragen Frauen den Sarg.

 

 

 

 

 

Aus dem Codex Manesse

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Jonathan Swift

Irischer Schriftsteller; Sohn aus England stammender Eltern; da der Vater noch vor seiner Geburt gestorben war, war er von der Gunst Verwandter abhängig. Studierte Theologie in Dublin am Trinity College und arbeitete ab 1689 in Farnham als Sekretär bei dem Staatsmann und Schriftsteller Sir William Temple, einem entfernten Verwandten seiner Mutter, mit dem er sich nicht vertrug, so daß er 1694 wieder nach Irland zurückkehrte und dort die Priesterweihe empfing. 1696 kehrte er nach Aussühnung mit Temple in dessen Haus zurück, wo er Esther Johnson (*1681, †1728), die Stella seiner Tagebücher (Journal to Stella), als Hauslehrer unterrichtete. Nach dem Tod Temples (1699) kehrte Swift endgültig nach Dublin zurück (Esther folgte ihm 1701), wo er ab 1713 Dekan von Saint Patrick's wurde.

Dean Jonathan Swift (fecit Louis Francois Roubiliac)

Zunächst Anhänger der Whigs, wechselte er nach deren Wahlsieg zu den Tories, wurde Herausgeber des Examiners, des offiziellen Organs der Tories, und richtete seine scharfen Angriffe nunmehr gegen die Whigs; so warf er ihnen vor, den Spanischen Erbfolgekrieg aus eigennützigen Motiven geschürt zu haben. In der Pamphletserie The Drapier's Letters (1724) und der Satire A Modest Proposal... (1729) setzte er sich für irische Belange ein. Am bekanntesten wurde sein Werk über eine fantastische Reise in das Land der Liliputaner: Travels into Several Remote Nations of the World (1726, dt. Des Capitains Lemuel Gulliver Reisen in unterschiedliche entfernte und unbekannte Länder) in dem menschliche Schwächen ironisiert werden. Nach dem Tod Stellas (1728) wurde Swift zunehmend kränklich und hinfällig und starb in geistiger Umnachtung.

Totenmaske

 

Werke u.a.: A Full and True Account of the Battle Fought Last Friday, Between the Antient and the Modern Books in St.James's Library (1704), A Tale of a Tub (1704).

Inschrift: Hier ist der Körper des Jonathan Swift, des Dekan dieser Kirche, niedergelegt worden...

1835 wurden die Schädel von Swift und seiner längjährigen Freundin Hester Johnson, bekannt unter dem Namen Stella aus Swifts Werken, exhumiert, um vermessen zu werden, da die Phrenologen noch der Meinung waren, daß anhand der Schädelform auf den Charakter der Person geschlossen werden könne. Vor der Wiederbeisetzung der Schädel, wurde von demjenigen Swifts die obige Kopie angefertigt.

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Mainz, Dom St. Martin und St. Stephan

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Dornach (CH), Goetheaneum

Dublin, St. Patrick’s Cathedral

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Wien, Zentralfriedhof

KN :05/2006

Julius Hans Weigel

 

 

Österreichischer Schriftsteller und Theaterkritiker; arbeitete bis 1938, dem Jahr des “Anschlusses” Österreichs an das Deutsche Reich, an Wiener Kleinkunstbühnen. Danach emigrierte er und lebte er bis 1945 in der Schweiz. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges verfaßte er als viel beachteter Theaterkritiker Rezensionen, v.a. für die Zeitungen Kurier und Neues Österreich. Er förderte jungen Talente in der von ihm zwischen 1951 und 1954 herausgegebenen Anthologiereihe Stimmen der Gegenwart u.a. Ingeborg Bachmann und Gerhard Fritsch, boykottierte andererseits gemeinsam mit Friedrich Torberg jahrelang die Aufführung von Bertolt Brechts Werke auf österreichischen Bühne, da er dessen kommunistische Weltanschauung ablehnte. Außerdem bearbeitete er die Komödien Johann Nepomuk Nestroys für das Wiener Theater und übertrug sämtliche Komödien Molières in gereimte Alexandriner. Weigel machte sich auch einen Namen als Sprachkritiker; 1979 erschien sein Werk Die Leiden der jungen Wörter, Ein Antiwörterbuch. Bis heute ist sein Name mit dem Hans-Weigel-Literaturstipendium verbunden, das jährlich vom Land Niederösterreich vergeben wird und mit 6.450 Euro dotiert ist. Seit 1983 finden auf der Burg Liechtenstein in Maria Enzersdorf die von ihm und der Schauspielerin Elfriede Ott, mit der er seit den 1960er Jahren zusammenlebte und die er kurz vor seinem Tode heiratete, gegründeten Nestroyspiele statt. 1956 kam es zu einem größeren Medienspektakel, als er von Käthe Dorsch in Wien öffentlich geohrfeigt wurde, da er ihr eine unzureichende schauspielerische Leistung vorgeworfen hatte. In dem daraufhin stattfindenden Prozeß wurde sie zu 500 Schilling Strafe bzw. ersatzweise drei Tagen Arrest verurteilt. Im Zuge der “Affäre Dorsch” wurde seinerseits der Regisseur Franz Antel des Antisemitismus bezichtigt, da er Weigel als einen “miesen Juden” bezeichnet hatte.

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Bilder: Dr. Herta Lepie (04/2016)
Bilder: Dr. Herta Lepie (04/2016)
Bilder: Pasifal von Pallandt (10/2010)

Grab im Mai 2005

Jean-Pierre Claris de Florian

 

Französischer Dichter; wurde, nachdem seine Mutter, die spanischer Herkunft war, gestorben war, als er zwei Jahre alt war, zunächst von seinem Großvater erzogen, bevor er im Alter von zehn Jahren in die Obhut .seines Onkels Marquis von Florian nach Ferney (heute Ferney-Voltaire, Dép. Ain), der 1762 Marie-Élisabeth Dompierre de Fontaine, née Mignot, eine Nichte Voltaires, geheiratet hatte. Voltaire, der ab 1759 bis zu seinem Tod 1778 dort wohnte, fand Vergnügen an dessen klugen Antworten und seinem lebhaftes Naturell. Im Alter von 13 Jahren trat er als Page in die Dienste des Herzogs von Penthièvre, der ihn einige Jahre später auf die königliche Artillerieschule zu Bapaume sandte. 1772 wurde er Sous-lieutenant im Dragonerregiment des Herzogs von Penthièvre.

Nachdem er sich von der militärischen Karriere zurückgezogen hatte, um sich dem Schreiben zuzuwenden,  lebte er teils in Paris, teils auf den Schlössern des Herzogs als Mittelpunkt einer angeregten, geistreichen Geselligkeit, wurde schon am 6.3.1788 im Alter von 33 Jahren in die Académie française .aufgenommen. Bereits 1779 debütierte er mit kleinen Theaterstücken wie Les deux billetsLe bon ménage oder La bonne mère, allesamt Possenspiele. Seine poetische Epistel Voltaire et le serf du mont Jura wurde 1782 gekrönt, und seine Ekloge1 Ruth erhielt 1783 einen Preis, aber seinen Ruhm begründete er mit den Schäfergedichten: Galatée (1783) und Estelle (1787), die dem Geschmack der Zeit entsprachen, welche für die der schweizerischer Dichter und Maler Salomon Geßner schwärmte.. Eine besondere Bekanntheit erlangte Claris de Florian allerdings aufgrund seiner Fables (1792), die nur denen La Fontaines, wenn auch um ein Bedeutendes, nachstehen; in ihnen zeigt sich sein Talent auf dem Höhepunkt. Seine Werke wurde immer wieder aufgelegt und sind in die meisten europäischen Sprachen übersetzt worden.

Gleich nach dem Ausbruch der Französischen Revolution floh er von Paris nach Sceaux, wo er von August 1789 bis September 1792 Kommandant der Nationalgarde war. 1793 wurde er dort verhaftet; wenige Tage nach seiner Befreiung, starb er dort.

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1 [griech.: ἐκλογή]. “Ausgewähltes”, ursprünglich kleines Gedicht, später Hirtengedicht

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Bilder: Günter Bihn (06/2023)

Sceaux ( Dép.Hauts-de-Seine), Friedhof

Salomon Geßner

 pinxit Anton Graff (Ausschnitt)

 

Schweizer Dichter und Maler; einer alteingesessener Drucker- und Buchhändlerfamilie entstammend; begann 1749 eine Lehre in der Haude & Spenerschen Buchhandlung in Berlin und war dort zunächst als Buchhändler tätig, widmete sich aber bald mehr der Landschaftsmalerei und dem Verfertigen von Kupferstichen. Er verkehrte u.a. mit den Dichtern Karl Wilhelm Ramler, Ewald von Kleist und Christoph Martin Wieland, was seine literarischen Neigungen förderte. 1750 verließ er Berlin und besuchte auf dem Heimweg den Dichter des Rokokos, Friedrich von Hagedorn, in Hamburg.

Zurück in Zürich, schuf er innerhalb des folgenden Jahrzehnts den Großteil seines dichterischen Werks: Noch anonym erschienen die naturvisionäre Prosadichtung Die Nacht (1753), der Schäferroman Daphnis (1754) und auch die bukolischen Idyllen (1756) die er selbst illustrierte, bilden einen formvollendeten Abschluß der Schäferdichtung des Rokoko (Fortsetzung Neue Idyllen, 1772), die in Europa zahlreiche Bewunderer und viele Nachahmer fanden, darunter Wilhelm Müller, gen. Maler Müller, Johann Heinrich Voß, Johann Peter Hebel, Denis Didero oder Jean-Jacques Rousseau). Nach diesem großen, bahnbrechenden Erfolg versuchte sich Gessner, angeregt durch den Schweizer Philologen Johann Jakob Bodmer (*1698, †1783), mit Der Tod Abels (1758) auch in der Gattung des biblischen Epos.

Gessners 1770 erschienene ästhetische Abhandlung Brief über die Landschaftsmahlerey ist die Programmschrift zu seiner lebenslangen Tätigkeit als Radierer und Maler; Gessner illustrierte zahlreiche Publikationen seinesgessner_judith_bd Verlages und vor allem die eigenen, in mehreren Auflagen veröffentlichten Schriften (4 Bde., 1762; 2 Bde., 1777).

pinxit Anton Graff (Ausschnitt) (1765/66)

1761 heiratete er Judith Heidegger, die Tochter eines angesehenen Zürcher Ratsherren und Zunftmeisters; noch im selben Jahr wurde er Teilhaber des bedeutenden Verlagshauses Orell, Gessner und Compagnie (ab 1770 Orell, Gessner, Fueßli und Co.); zudem war er Mitbegründer einer Porzellanmanufaktur und der Zürcher Zeitung (seit 1780),und als Ratsherr und Vogt erwarb Geßner eine hervorragende Stellung im kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Leben Zürichs.

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Zürich, Platzspitz-Park

Hinweis: Denkmal (Grabstätte nicht mehr vorhanden)

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René Maran

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Französischer Schriftsteller; Sohn des ursprünglich aus Guyana stammenden Léon Herménégilde Maran und dessen Frau Marie Corina, née Lagrandeur; kam 1894 nach Gabun, wo sein Vater eine Stelle in der Kolonialverwaltung bekleiden sollte. Im Alter von 7 Jahren schickten ihn seine Eltern zunächst auf ein Internat in Talence (Dép.(Gironde); ab der sechsten Klasse besuchte er das Gymnasiums in Bordeaux (heute Montaigne-Gymnasium), wo er 1905 das première partie du baccalauréat (1. Teil eines “Abiturs”) ablegte. 1909 verließ er Bordeaux, trat in den französischen Kolonialdienst ein und war seit 1909 als Polizeibeamter in der afrikanischen Kolonie Ubangi-Shari (heute Zentralafrikanische Republik) tätig.

Nachdem er  in den Jahren 1916 bis 1917 als ”Spezialagent für die Buchhaltung“ in Sibut tätig war, bat er den Gouverneur von Oubangui-Chari um eine Versetzung, die ihm mit der Begründung verweigert wurde, er habe den hierarchischen Weg nicht respektiert. Wegen seines Verhaltens von der Regierung gerügt und vom einem erstinstanzlichen Gericht von Bangui zu einer Bewährungsstrafe von 50 F. verurteilt, kehrte er 1919 kehrte er nach Paris zurück, war seit den 1920er Jahren in der französischen antikolonialistischen Bewegung aktiv und unterstützte Organisationen wie die Ligue universelle de défense de la Race Noire oder das Comité de Défense de la Race Noire..

Nachdem sein zunächst in französischer Sprache auf eigenen Erlebnissen fußender RomanBatouala erschienen war, verlor er seine Stellung; er hatte im Vorwort zu seinem Roman die Art und Weise anprangert, wie mit der einheimische Bevölkerung in den Kolonien umgegangen wird. er war immer mehr in Konflikt mit der Kolonialbehörden geraten, wurde daraufhin immer schlechter bewertet und als empfindlich und streitsüchtig eingeschätzt.

1921 - als erster schwarzer Schriftsteller - für seinen Roman Batouala mit dem Prix Goncourt ausgezeichnet, verlor er seine Stellung; er hatte im Vorwort zu seinem Roman die Art und Weise anprangert, wie mit der einheimische Bevölkerung in den Kolonien umgegangen wird. So geriet er immer mehr in Konflikt mit der Kolonialbehörden, wurde daraufhin immer schlechter bewertet und als empfindlich und streitsüchtig eingeschätzt. Nachdem er  in den Jahren 1916 bis 1917 als ”Spezialagent für die Buchhaltung“ in Sibut tätig war, bat er den Gouverneur von Oubangui-Chari um eine Versetzung, die ihm mit der Begründung verweigert wurde, er habe den hierarchischen Weg nicht respektiert.

Jean-Paul Sartre spielte in seinem Vorwort zu dem Werk des französischen Psychoanalytikers und Schriftstellers Frantz Fanons Le damnés de la terre (1961, dt. Die Verdammten der Erde) auf Maran an und verspottete die selbstgefällige Selbstbeweihräucherung des französischen Establishments, “einmal einem Neger den Prix Goncourt verliehen zu haben“.

Werke u.a.: Le Livre de la Brousse (1934), Un Homme pareil aux autres. (1938, autobiographisch)

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Bilder: Günter Bihn (11/2023)

Paris, Cimitière du Montparnasse

Schriftsteller XXXVI

Omnibus salutem!