Samuel Cunard

Kanadischer Unternehmer; 1. Baronet Cunard; Sohn eines Holzkaufmanns, der vor der amerikanischen Revolution nach Halifax geflohen war. Im Alter von 17 Jahren eröffnete er ein “General Store”, bevor er in das Geschäft seines Vaters eintrat, das er um den Handel mit Kohle, Eisen sowie um eine Handelsflotte und Walfangaktivitäten erfolgreich erweiterte. Als Unternehmer war er ein Mitglied einer Gruppe von in Halifax beheimateten Reedern, die das Geschäftsleben Neuschottlands dominierte. In Großbritannien etablierte er zusammen mit weiteren Geschäftsleuten ein Unternehmen, das sich erfolgreich um die Erlangung der Rechte für einen transatlantischen Schiffspostdienst zwischen dem Königreich und Nordamerika bemühte. Aus dem Unternhmen ging die Cunard Steamships Limited hervor. 1840 segelte das erste Dampfschiff des Unternehmens - die “Britannia” - mit Cunard und weiteren 63 Passagieren an Bord von Liverpool nach Boston; diese Fahrt markierte den Beginn eines regelmäßigen Fracht- und Personenschiffsverkehrs über den Atlantik. Aufgrund der großen Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit seiner Schiffe wuchs das Unternehmen rasch, und bald schon übernahm es andere Firmen wie z.B die Canadian Northern Steamships Limited, und schließlich auch seinen Hauptkonkurrenten, die White Star Line, zu der später die “Olympic” und ihr Schwesterschiff, die “Titanic”, gehörten, die im April 1912 nach einem Zusammenstoß mit einem Eisberg im Nordatlantik sank. Zu dem Unternehmen gehörten auch einige andere Unternehmen in Kanada. Seine Kohlengesellschaft ist immer noch eine der größten Ölfirmen in Nova Scotia. 1859 wurde Samuel Cunard durch Königin Victoria zum Ritter geschlagen.

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London, Brompton Cemetery

Bilder: Fiona Ducan (06/2007)

Territet bei Montreux, An der Angelikanischen Kirche

Bilder: Bernhard Rosinski (07/2007)

Bethel Henry Strousberg eigentl. Baruch Hirsch Strousberg

Deutscher Unternehmer; erlernte zunächst in der Firma seines Onkels in London einen kaufmännischen Beruf, bildete sich danach im Banken- und Börsengeschäft weiter. Zurück in Preußen gelang es ihm, eine erste Konzession für den Bau einer Eisenbahnstrecke zwischen Tilsit und Insterburg zu erlangen. Der weitere Erwerb von Eisenbahnbau-Konzessionen brachte ihm den Beinahmen “Eisenbahnkönig” ein. Neu an der Art seiner Geschäftsführung war die Beschäftigung von Subunternehmern unter der Aufsicht eines Generalunternehmers, so daß er das Geschäftsrisiko in Grenzen halten konnte. Strousberg weitete seine Unternehmungen auf weitere Projekte aus, z.B. auf das Zeitungswesen, wo er ab 1866 Tageszeitung "Die Post" herausgab, den Lokomotivbau, auf die Schwerindustrie, und er betrieb eine Großschlachterei. Aufgrund seiner guten Beziehungen zu Prinz Karl Eitel Friedrich, der 1866 Fürst von Rumänien wurde, erhielt er zudem die Konzession für den rumänischen Eisenbahnbau. Nach diversen technischen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten mußte er sich allerdings aus diesem Geschäft unter finanziellen Verlusten wieder zurückziehen. 1873 wurde Strousberg durch den liberalen Reichtagsabgeordneten Eduard Lasker, der das wenig durchsichtigen Finanzgebaren Strousbergs angriff, kritisiert. Im Zuge der politischen Auseinandersetzungen mußte sein bisheriger Förderer, Graf Heinrich Friedrich August von Itzenplitz, als Minister demissionieren. Strousberg selber gelang es zunächst, sich einigermaßen unbeschadet aus der Affäre zu ziehen; auch den Börsenkrach am Ende der “Gründerjahre” konnte er noch gut überstehen. 1875 wurde er jedoch in Sankt Petersburg festgenommen und wenige Wochen später wegen Anstiftung zu Kreditvergehen in Moskau angeklagt. Im Jahr darauf wurde er in dem Verfahren zur Aberkennung der ihm in Rußland verliehenen Rechte verurteilt und mußte das Land verlassen. Eine Wiedereinreise wurde ihm unetrsagt. Seine Unternehmen gingen darauf in Konkurs. Da es ihm nicht mehr gelang, an seine früheren wirtschaftlichen Erfolge anzuschließen, war er gezwungen, seine letzten Jahre unter wirtschaftlich beengten Verhältnissen zu verbringen.

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Berlin-Schöneberg, Alter St. Matthäus Kirchhof

Bild: Claus Harmsen (stones & art, 06/2007)

Franz Adam Ehrenwirth

 

Deutscher Verleger; gründete den Ehrenwirth Verlag in München am 1.9.1945 als Einzelfirma durch Lizenz der US - Behörden und am 1.1.1953 wurde die Firma in eine Familiengesellschaft umgewandelt. Von 1988 bis 1991 fungierte als Alleingeschäftsführer Martin Ehrenwirth (*1945), 1992 erfolgte die Übernahme vom Mehrheitsgesellschafter Verlag Veritas, Linz. Ehrenwirth hatte vor der Gründung des Verlages Bankkaufmann gelernt und kam über diesen Weg in Kontakt mit dem Buchhandel. Er begann mit Schulbüchern und pädagogische Fachliteratur; später kamen Belletristik und Bavarica dazu. Ab 1980 publizierte der Verlag die Schriftenreihe gehört - gelesen, die vom Bayerischen Rundfunk herausgegeben wurde. Einer der erfolgreichsten in seinem Verlag erschienenen Titel war der Roman Soweit die Füße tragen von Josef Martin Bauer, die dieser aufgrund von Aufzeichnungen des deutschen Wehrmachtssoldaten Clemens Forell über seine abenteuerliche Flucht aus einem sibirischen Kriegsgefangenenlager verfaßte.

Hauptautoren u.a. Gertrud von le Fort, Konstantin Wecker, Georg Lohmeier.

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München, Nordfriedhof

Bilder: Vicky Baitrum (07/2007)

Thomas Lipton

Britischer Unternehmer; Sohn einer aus der Provinz Ulster (Nordirland) stammenden Familie, die Ende der 1840er Jahre die Heimat verließ und sich 1847 in Glasgow niederließ, wo sie ein Lebensmittelgeschäft führte. 1865 heuerte Lipton auf einem Schiff an und segelte in die USA, wo er verschiedene Arbeiten annahm. Fünf Jahre später kehrte er nach Großbritannien zurück, wo er zunächst seinen Eltern half und dann sein erstes Lebensmittelgeschäft, Lipton's Market, in Glasgow eröffnete, das so erfolgreich florierte, daß er bald eine Kette von Lebensmittelgeschäften aufbaute. In den 1890er Jahren unterbrach er eine Reise nach Australien in Ceylon (heute Sri Lanka), wo er James Taylor (*1835, †1892) kennenlernte, mit dem er beschloß, Tee aus von dort für seine Geschäfte zu exportieren. Er kaufte schließlich Plantagen und gründete 1898 die Firma Lipton’s. Heute (2007) gehört die Firma Lipton’s zum Unilever-Konzern. Außerdem betätigte sich Lipton als “Sportman”; zwischen 1899 and 1930 forderte er die Inhaber des America's Cups als Mitglied des Royal Ulster Yacht Club fünfmal mit seinen Yachten “Shamrock” heraus, ohne die Trophäe je erringen zu können. Immerhin wurde er “als besten aller Verlierer" so populär, daß Lipton’s Tea in den Vereinigten Staaten sehr bekannt wurden. Noch vor Einführung der Fußballweltmeisterschaften im Jahre 1930, stiftete Lipton die Sir Thomas Lipton Trophy, die in zwei internationalen Turnieren in Turin 1909 und 1911 vergeben wurden.

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Glasgow, Southern Necropolis

Bilder: Hartmut Riehm (08/2007)

Henri Nestlé (bis 1839 Heinrich)

Schweizerischer Unternehmer und Industrieller deutscher Herkunft; der Sohn des Glasermeisters Johann Ulrich Mathias Nestle und der Anna Maria Catharina née Ehemann (*1779, †1839) und Bruder des nachmaligen Frankfurter Senators und Präsidenten des Appelationsgerichts Gustav Edmund Nestle (*1806, †1874), absolvierte in seiner Heimatstadt Frankfurt in der Apotheke An der Brücke bei J. E. Stein eine Apothekerlehre. Nach 1833 verließ er Frankfurt, hielt sich mehrere Jahre im Ausland auf, ließ sich in Vevey in der französischsprachigen Schweiz nieder und legte dort 1839 die Zulassungsprüfung zum Apothekergehilfen ab. Ein plausibles Motiv seiner Auswanderung war neben ökonomischen Überlegungen vermutlich das nach dem sog. Wachensturm1 reaktionäre politische Klima in seiner Heimatstadt. In Vevey änderte er seinen deutschen Namen Heinrich Nestle in den französischen Namen Henri Nestlé. 1843 erwarb er eine Mühle mit angeschlossener Brennerei und begann u.a. Essig, Knochenmehl, Likör und Nußöl herzustellen und mit Mineralwasser und Limonade zu handeln. Nach verschiedentlichen Versuchen eines Handels mit diversen Produkten (Flüssiggas, Petroleum), verlegte er sich schließlich auf die Herstellung von Säuglingsergänzungsnahrung, wobei erste Versuche mit der Zusatznahrung nicht erfolgreich waren. Erst als Justus von Liebig im Jahre 1865 eine Analyse der Muttermilch gelang, konnte Nestlé auf diesen Erkenntnissen aufbauend Trockenmilch herstellen, das unter dem Namen Henri Nestlé's Kindermehl auf den Markt kam und sich erfolgreich verkaufen ließ. 1875 verkaufte Nestlé, der 1874 inzwischen eingebürgert worden war, die Firma an seine Geschäftsfreunde Gustav Marquis, Jules Monnerat und Pierre-Samuel Roussy und zog sich mit seiner Frau, der Frankfurterin Arzttochter Anna Clementine Therese née Eh(e)mant (*1833, †1900), mit der er seit dem 23.5.1860 verheiratet war, in die Villa Nestlé zurück. Das Paar blieb kinderlos, sie adoptierten jedoch Emma née Seiler (*1845, †1882), die Nestlé gerufen wurde. Viele Jahre später - 1947- fusionierten die Stammhäuser der beiden großen Nahrungsmittelproduzenten Nestlé und Maggi in der Schweiz zur Nestlé Alimentana AG.

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1  Der sog. Wachensturm vom 3.4.1833 war der gescheiterte Versuch von etwa 100 Aufständischen, durch einen Überfall auf die Hauptwache und die Konstablerwache in Frankfurt am Main eine allgemeine Revolution in Deutschland auszulösen.

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Max James Emden

 Bild: Max1940 (Wikipedia) cc_somerightsreserved

Deutscher Großkaufmann und Kunstsammler; Sohn aus einer alteingessenen Hamburger Kaufmannsfamilie; studierte Chemie und Mineralogie und wurde promoviert. seit 1904 Teilhaber, später Alleininhaber des bereits 1823 in Hamburg gegründeten Textilhandelsunternehmens Max J. Emden & Söhne, erwarb in rascher Folge Grundstücke in europäischen Großstädten und bildete somit die Grundlage für den Ausbau des Unternehmens zu einem international agierenden Handelsunternehmen und Warenhauskonzern. Der Konzern war beteiligt bzw. betrieb Kaufhäuser wie das KaDeWe in Berlin (gemeinsam mit dem Hauptgesellschafter Adolf Jandorf), das Corvin-Warenhaus in Budapest, das Allas-Warenhaus in Stockholm, das Kaufhaus Oberpollinger in München, das Kaufhaus Poetsch in Hamburg und das Kaufhaus Petersen in Wandsbek (heute zu Hamburg. Anfang der 1930er Jahre verkaufte er den Großteil seiner Unternehmensbesitzungen u.a. an die Firma Karstadt. Er behielt jedoch seinen Grundbesitz und die im Ausland gelegenen Warenhäuser. Nach der “Machtergreifung” durch die Nationalsozialisten lebte Emden, wegen seiner jüdischen Herkunft verfolgt, vorwiegend auf seinem Besitz im Kanton Tessin. Bereits 1927 hatte er die Isole di Brissago im Lago Maggiore erworben, auf der er ein Schloß im klassizistischen Stil errichten ließ.

Emden war ein eifriger Sammler von Kunst, u.a. von Bildern Paul Gauguin, Pablo Picasso, Gustav Klimt und Ernst Ludwig Kirchner.

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Ronco sopra Ascona (Tessin)

Hans Grade

~1900

 

Deutscher Flugpionier und Unternehmer; studierte zwischen von 1900 und 1904 an der Technische Hochschule in Charlottenburg. Schon als Jugendlicher hatte er sich für die Fliegerei interessiert, mit großem Interesse Otto Lilienthals 1889 erschienenes Werk Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst gelesen und sich als 16-Jähriger .am Bau von Fluggeräten versucht. 1903 konstruierte er sein erstes Motorrad und gründete, ohne sein Ziel, eines Tages zu fliegen aus den Augen zu verlieren, zwei Jahre später die Grade-Motorenwerke. Zunächst aber mußte er ab 1907 in einem Pionier-Bataillon in Magdeburg seinen Militärdienst ableisten. Dort tüftelte er in seiner dienstfreier Zeit weiterhin an Plänen für ein Fluggerät mit Motorunterstützung, die er nach Absolvierung seiner militärischen Ausbildung fortsetzte und konstruierte mit einer Spannweite von 10,5 Metern und einem Gewicht von nur 130 Kilogramm seine Libelle., die sich am 30.10.1909 auf dem Flugplatz Johannistal bei Berlin für fast drei Minuten in die Luft erhob. Grade errang damit den ersten Preis, den Lanz-Preis der Lüfte, den der Mannheimer Industrielle Karl Lanz, Sohn von Heinrich Lanz ausgelobt hatte. Im September 1910 absolvierte er mit einer Flugzeit von 4 Stunden und 30 Minuten den ersten ” Dauerflug” mit einem Eindecker, dem im Folgemonat ein fast 60 Kilometer langer Überlandflug von Bork nach Berlin-Johannisthal folgte. Im April 1911 stellte Grade, der erst im Jahre 1910 seinen Pilotenschein erwarb, mit 1.450 Metern einen Höhenrekord mit einem Dreidecker auf; insgesamt gewann er bis 1913 ca. 30 Preise. Die 40.000 Reichsmark aus dem Lanz-Preis der Lüfte verwendete er zur Gründung seiner Flugzeugfabrik, der Grade-Fliegerwerke im brandenburgischen Borkheide, in der bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs rund 80 Maschinen gefertigt wurden; zugleich gründete er eine Pilotenschule, in der bis 1914 rund hundert Piloten ausgebildet wurden. Für den Kriegseinsatz waren die leichten Flugzeuge nicht geeignet, so diente die Grade-Fliegerwerke während des Krieges der Wartung und der Reparatur von Militärmaschinen. Da der Versailler Vertrag strikt den Bau von Flugzeuge in Deutschland untersagte, verlegte Grade, der bereits 1915 ein Auto entwickelt hatte, sich auf die Entwicklung und den Bau von Kraftfahrzeugen und gründete 1921 die Grade Automobilwerke AG.. Sein Kleinwagen 4/16 PS war im Jahr 1924 der meistverkaufte Kleinwagen in Deutschland - dennoch ging Grade mit der Autofabrik 1927 in Konkurs. 1934 übernahm er Forschungsaufträge von der Industrie, nachdem er zuvor erfolglos versucht hatte, ein “Volksflugzeug” zu entwickeln. Während des Zweiten Weltkriegs beschäftigte er sich mit der Entwicklung von Dieselmotoren und rüsteten für die Organisation Todt, kriegstauglich Lastkraftwagen um. Nach dem Ende des Krieges wurde er enteignet, erhielt aber seinen gesamten Besitz noch vor seinem Tod zurück.

Verheiratet war Hans Grade mit Käthe Grothum, Tante der Schauspielerin Brigitte Grothum (*1935).

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Bilder: Johannes Frank (06(2017)

Borkheide (Ldkrs, Potsdam-Mittelmark), Friedhof

Theodor Jacob Stern

 

 

Deutscher Bankier und Mäzen; Sohn des Berliner Bankiers Julius Jacob Stern und dessen Frau Louisa, née Ellissen wuchs in Frankfurt auf und begann nach der Reifeprüfung im Sommersemester 1858 ein Studium der Medizin an der Universität Göttingen, das er jedoch auf Verlagen seines Vater bereits nach einem Semester aufgeben mußte, um in Brüssel eine eine Ausbildung zum Kaufmann aufzunehmen. Im alter von 32 Jahren wurde er in Frankfurt am Main Mitinhaber des Bankhauses Jacob S.H. Stern, das 1876 zu den 25 größten Privatbanken in Deutschland zählte und neben zwei anderen Privatbanken zu den größten Gewerbesteuerzahlern in Frankfurt, gehörte. Als Mitglied des “Zentralausschusses der Anteilseigner“, des obersten Verwaltungs- und Aufsichtsorgans der Reichsbank, verfügte Stern über einen großen Einfluß auf die Geld-, Währungs- und Finanzpolitik im Deutschen Reich. Die Bank beteiligte sich, ebenso wie das Bankhaus Mendelssohn & Co. und weitere Privatbanken und Investoren seinerzeit auch, u.a. 1895 an der Finanzierung der nicht unumstrittenen Schantung-Eisenbahngesellschaft in China, die zwischen 1899 und 1904 die ca. 400 Kilkometer lange Strecke .von Qingdao (Tsingtau) mit der westlich gelegenen Provinzhauptstadt Jinan in der chinesischen Provinz Shāndōng verbinden sollte. 1873 wurde Stern zunächst als Abgeordneter des Demokratischen Vereins, später der Fortschrittspartei in die Stadtverordnetenversammlung der alten Kaiserstadt gewählt, der er bis zu seinem Tode angehörte, betätigte sich jedoch kaum parteipolitisch. 1878 dessen Vorsitz. 1893 war er für ein Jahr bis zum Ende der Legislaturperiode auch stellvertretender Vorsitzender der Stadtverordnetenversammlung. und bekleidete viele andere Ämter. Besonders trat Theodor Stern als bedeutender Stifter und Mäzen Frankfurts in Erscheinung. So ließ die Taubstummenerziehungsanstalt und das Volksbrausebad auf eigene Kosten errichten und übertrug beide Einrichtungen der Stadt Frankfurt. Außerdem erwarb er die Albrecht-Dürer-Bibliothek auf und vermachte sie der Stadtbibliothek. Aus den Mitteln vieler seiner Stiftungen konnten Institute gegründet werden, die später in eine zu errichtende Universität eingegliedert werden konnten, für deren Gründung er sich einsetzte. Nach seinem Tode stiftete seine Witwe Johanna Wilhelmine Stern 1901 eine halbe Million Reichsmark für das Theodor Stern’sche Medizinische Institut zur Förderung der physiologischen Forschung. Bei Gründung der Universität Frankfurt 1914 wurde dieses Institut in die Medizinische Fakultät übernommen.

In Frankfurt am Main ist der Theodor-Stern-Kai am Sachsenhäuser Ufer des Mains nach ihm benannt.

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Bilder: KN (06/2017)

Frankfurt am Main, Jüdischer Friedhof (Rat-Beil-Str.)

Wilhelm Bernhard Bonn

 

 

Deutscher Bankier und Mäzen; sechste Kind des jüdischen Bankiers Baruch Bonn und dessen Frau Betty, née Schuster, Sproß einer Familie, die um 1520 aus Spanien über das Rheintal nach Frankfurt am MAin gekommen war; machte nach dem Besuch der Realschule Philanthropin in Frankfurt am Main eine Bankausbildung im 1838 gegründeten Frankfurter Bankhaus Lazard Speyer-Ellissen. 1863 wurde er zur Schwestergesellschaft Speyer & Co nach New York versetzt und wurde 1866 dort Geschäftsführer dieser Bank, bevor er 1885 nach Frankfurt am Main zurückkehrte und Teilhaber des Bankhauses Lazard Speyer-Ellissen, das seinerzeit drittgrößte Bankhaus in Frankfurt, wurde. Das Bankhaus, das mit seinem Hauptsitz an der Ecke Taunusanlage/Mainzer Landstraße residierte, geriet im Zuge der Weltwirtschaftskrise in Schwierigkeiten und wurde nach der “Machtergreifung” der Nationalsozialisten 1934 liquidiert.

Wilhelm Bonn gehörte aufgrund seiner Gewinne aus Geschäften, die er in den Vereinigten Staaten getätigt hatte, zu den 300 Millionären in Frankfurt. Mehr als zwei Dutzend Institutionen wurden von ihm als Mäzen bedacht. Er war “ewiges Mitglied“ der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung und des Physikalischen Vereins, dessen Vorstand er auch angehörte. Außerdem bedachte er das Freie Deutsche Hochstift, die Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am Main, die Goldschmidtsche Stipendienstiftung und Dr. Christs Kinderhospital mit großzügigen Spenden.

Frankfurt am Main, Villa Bonn Bild: Karsten11 (2010)

Bonns Eltern hatten in Kronberg im Taunus seit 1860 einen Landsitz, der nach deren Tod an die Kinder überging, wobei Philipp Bonn und seine Schwester Charlotte Wetzlar das Haus führten, das nach Philipps Ableben von Wilhelm Bonn übernommen wurde, der es niederlegen und auf dem Grundstück zwischen 1901 und 1905 die “Villa Bonn” errichten ließ, Nach dessen Tode verkaufte Wilhelm Bonns Sohn aus erster Ehe, Max Bonn, 1922 das Anwesen an die Stadt Kronberg, die es seitdem als Rathaus nutzt. Bereits zwischen 1895 und 1897 hatte er in der Siesmayerstraße 12 im Frankfurter Westend vom Architekten Ernst von Ihne die Villa Bonn (nicht zu verwechseln in mit der gleichnamigen Villa in Kronberg) errichten lassen, heute das Domizil der Frankfurter Gesellschaft für Handel, Industrie und Wissenschaft

Villa Bonn in Kronberg (heute Rathaus)

Wilhelm Bonn war zweimal verheiratet. In erster Ehe mit Emma Heidelbach (*1856, †1879), die in New York im Alter von nur 22 Jahren verstarb. Sie war die Tochter von Max Heidelbach und dessen Gemahlin Henriette, die ihrerseits Tochter von Ludwig Ahron Gans war. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor: Max (*1877), der später nach England ging, dort in das Bankhaus Ruette & Bonn in London einstieg und geadelt wurde, sowie die spätere Schriftstellerin Emma Betty Charlotte Bonn (*1879), die 1942 im KZ Theresienstadt ermordet wurde. In zweiter Ehe war Wilhelm Bonn mit Amelie Schuster, née. Ettlinger verheiratet. .

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Bilder: KN (08.06.2017)

Frankfurt am Main, Jüdischer Friedhof (Rat-Beil-Str.)

Carola Williams   née Althoff

 

 

Deutsche Zirkusdirektorin; ältestes von elf Kinder von Dominik Althoff (*1882, †1974), des; Gründers des gleichnamigen Zirkus’ und bekannter Pferdedresseur; trat bereits im Alter von drei Jahren erstmals als “kleinste Voltigeuse der Welt” öffentlich in der Manege auf; Schwester von Adolf Althoff.

1931 heiratete sie den Artisten Harry Barlay (bürgerlich Reinhold Kwasnik) und gründete ihr erstes eigenes Unternehmen, den Circus Barlay. Während Barlay das Unternehmen nach der Trennung des Paares allein weiterführte, kehrte Carola mit dem gemeinsamen Sohn Holdy Barlay in das Familienunternehmen zurück. Ab 1936 leitete sie gemeinsam mit ihrem Bruder Franz das elterliche Unternehmen, bis die Ereignisse des Zweiten Weltkrieges ein weiteres Spielen unmöglich machten. Im Jahre 1941 heiratete sie in zweiter Ehe den aus Oldenburg stammenden Jockey und Tierlehrer Harry Williams. Aus dieser Verbindung gingen die Kinder Jeanette und Alfons, der 1960 bei einem Autounfall starb,. hervor. Bereits kurz nach dem Ende des Krieges, in dem sie fast ihr gesamtes Hab und Gut verloren hatte, trat - Harry Williams besaß einen britschen Paß - “The Great Williams Circus Show” in angemieteten Zeltanlagen wieder auf und konnte auch wieder auf Tournee gehen. Und bald zog der Zirkus auch wieder bekannte Artisten an; so z.B. den späteren Raubtietrainer Gerd Siemoneit-Barum, der im Mai 1946 als “Mädchen für Alles” anheuerte, bevor er zum Circus Barum wechselte, den .späteren Direktor des Doppelcircus Busch-Roland, Heinz Geier, als Tierpfleger oder 1947 Charly Baumann, der dort sein Talent als Raubtierlehrer entdeckte.

Da die Städte Köln und Düsseldorf im Krieg durch die Bombardierungen stark in Mitleidenschaft genommen worden waenr und keine ausreichenden Räumlichkeiten für Karnevalsitzungen zur Verfügung standen, bot Carola Williams 1947 das beheizte Winterzelt des Zirkus an der Erkrather Straße für deren erste größere Karnevalssitzung an. Mit der Errichtung eines halbfesten Winterbaus hatten Corola und Harry Williams bereits ab 1946 in der Kölner Aachener Straße begonnen; der Bau, der 2.500 Zuschauern Platz bot, wurde als seinerzeit größte Mehrzweckhalle in Köln im Juli 1947 eingeweiht Hart traf sie der Tod ihres Mannes, der am 18.12.1950 bei Proben in der Londoner Harringay-Arena tödlich verunglückte. Darauf stellte sie das Reisen ein und vermietete das Circusmaterial an ihren ersten Ehemann Harry Barlay; aber bereits im darauffolgenden Winter 1951/52 reiste sie wieder zu einem Gastspiel im Cirque Royal, dem Circusgebäude in Brüssel. Im November 1957 bezog der Circus Williams das neuerbaute Winterquartier in Köln-Mülheim. In den Folgejahren bereiste der Zirkus die gesamte Bundesrepublik und in Kooperationen mit ausländischen Zirkusunternehmen fast ganz Westeuropa und Italien.

Nach Abschluß der des Jahres 1968 wurden ihre Tiernummern in ein 5 Jahres-Engagement bei Ringling Bros and Barnum and Bailey vermietet. Neben den 17 Elefanten, 9 Tigern und 25 Pferden gingen auch ihre Tochter Jeanette, ihr Cousin Henry Schroer, Günther Gebel-Williams sowie mehr als 30 Artisten und Tierpflegerin die Vereinigten Staaten, während im selben Jahr in Deutschland der Reisebetrieb eingestellt wurde.

Neben ihrer Tätigkeit als Direktorin des Zirkus Williams und ihrer Pferdenummern ist sich auch aufgrund ihres sozialen Engagements, der Unterstützung beim Wiederaufbau der St. Aposteln Kirche am Kölner Neumarkt sowie eines Krankenhauses den Kölnern in dankbaren Gedächtnis geblieben.

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Bilder: Wilfried Paque (10/2017)

Köln, Friedhof Melaten

Unternehmer / Manager XXXVIII

Omnibus salutem!